Chapter 1
Summary:
Leutnant Werner wacht im Lazarett am Bett eines Mannes, der ihm fast ein Freund geworden ist, und fragt sich, welches Maß die Schlacht wirklich setzt.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Der Schemel wackelt. Aber das merkt Leutnant Werner kaum. Viel wichtiger ist das stille, blasse Gesicht des Mannes, an dessen Bett er sitzt.
Er weiß jetzt: Er hat sich geirrt. Nicht nur, als er besoffen von jenen Zeilen war, als er dachte, das ist es, was er will: Einmal vor Unerbittlichem stehen.
Nein, nicht nur das: Er hat sich auch mit dem ganzen Gedicht vertan. Er hat nämlich, das ist ihm klar geworden, als er ein Bändchen Binding-Gedichte in der Lazarett-Bibliothek fand und ausgeliehen hat – schließlich kann er nicht die ganze Zeit auf die bleichen Gesichter seiner bewusstlosen oder erschöpft schlafenden verwundeten Kameraden starren, er würde wahnsinnig werden –, ja, er hat herausgefunden, dass er das Gedicht nur zum Teil erinnert hat.
Es ist nämlich gar nicht so, dass es sich um ein Werk der Heldenverklärung handelt, und es behauptet auch nicht, dass es irgendwie süß und ehrenvoll wäre, fürs Vaterland zu sterben. Auf eine ausführliche, expressionistisch-gräuliche Beschreibung des Grabenkriegs folgt das Fazit, das sich bei ihm festgesetzt hat. Und doch, selbst das hat er sich nur unvollständig eingeprägt.
Die letzte Strophe geht nämlich so:
Einsam lagen wir da in der Not der Schlacht;
wir wussten, dass jeder einsam war.
Aber wir wussten auch dies:
Einmal vor Unerbittlichem stehn,
wo Gebete entrechtet, Gewinsel zu Gott
lächerlich ist,
wo keines Mutter sich nach uns umsieht,
kein Weib unsern Weg kreuzt,
wo alles ohne Liebe ist,
wo nur die Wirklichkeit herrscht
grausig und groß,
solches macht sicher und stolz.
Unvergesslich und tiefer
rührt es ans Herz des Menschen
als alle Liebe der Welt.
Und wir fühlten: dies war das Maß.
Nun hat er das Gedicht ja nicht eigentlich entstellt – ob man die von ihm vergessenen Zeilen dazunimmt oder weglässt, die Bedeutung bleibt im Wesentlichen gleich.
Nur: Stimmt es denn? Stimmt es noch, für ihn, und gerade nach dem Unerbittlichen?
Einsam, waren sie das, an Bord des Bootes, in der Schlacht?
Er denkt zurück an die entsetzlichen, langgezogenen Minuten während der Unterwasser-Bombardements, in denen sie dicht an dicht gedrängt standen, krochen, hockten, lagen, aneinander Halt suchten. Er denkt an Fähnrich Ullmann, dem es bei einem Angriff den Unterarm aufgerissen hatte, so dass er nun Grund und Rechtfertigung zum Weinen besaß, einem Weinen, das sie sich doch alle verzweifelt zu verbeissen suchten. Er denkt daran, wie er Ullmann festgehalten hat, ihn wieder loslassen musste, als das Boot von den Druckwellen hin und her geschleudert wurde, wie Ullmann zu ihm zurückkroch, oder er zu ihm, er den Fähnrich wieder in den Arm nahm, ihm tröstend durchs Haar strich. Waren sie da einsam? Waren die anderen einsam, von denen sich viele aneinander klammerten?
War Kriechbaum einsam, als Hinrich und der I WO mitten im Chaos von Bombardement und unaufhaltsamem Absinken des Bootes um sein Leben kämpften, ihn hielten und verbanden, als rings um sie die Bolzen sprangen und Wasserfontänen ins Boot schossen und sie sich doch bemühten, ihn, wenn sie ihn – und sich selbst – vielleicht auch nicht würden retten können, so doch zumindest zu beruhigen?
Und was war mit der Liebe?
Frauen, Mütter, die gab es natürlich nicht an Bord. Aber wer von den Männern hatte wohl in den schrecklichsten Momenten nicht auch an seine Braut, seine Frau und ganz sicher an seine Mutter gedacht? Er hatte es, und er schämte sich nicht dafür.
Und gab es denn Liebe nur zwischen Mutter und Kind oder Frau und Mann? Was war mit der Liebe zwischen Freunden, zwischen Kameraden? Oder musste man dafür ein anderes Wort hernehmen? Wie sollte er es denn benennen, das Gefühl, mit dem der Kaleun so oft auf seine geprüfte und erschütterte Mannschaft gesehen und in leisem, fast zärtlichem Tonfall gefragt hatte: „Na, Männer? Alles klar?“ Fürsorge des Offiziers für seine Mannschaft? Oder das, was sich in den Augen mancher Männer gespiegelt hatte, wenn sie einander ansahen, in kurzen, stillen Momenten zwischen Blödeln und Fluchen, zwischen Bordalltag und Todesangst? Das war doch mehr als Freundschaft oder Kameradschaft.
Er sieht auf das bleiche, reglose Gesicht des Kameraden herab, an dessen Bett er ausharrt, auf dessen Erwachen er hofft.
Der Fliegerangriff auf La Rochelle war in seiner Art genauso entsetzlich wie die Angriffe auf das Boot – vielleicht sogar schlimmer, weil sie alle sich endlich im sicheren Hafen wähnten. Vierzehn Männer haben sie verloren, und einundzwanzig liegen hier im Lazarett, zwölf davon mit schweren, in manchen Fällen vielleicht letztlich tödlichen Verletzungen.
Selbst von denen, die sich in den U-Boot-Bunker retten konnten oder von Kameraden dorthin geschleppt wurden, haben es einige nicht geschafft. Lamprecht ist an einem Querschläger verreckt, der ihm die Eingeweide zerfetzt hat. Als der Sani endlich kam, konnte er ihm nur noch Morphium geben, aber es hätte wohl auch sonst kein Arzt den Bootsmann retten können. Hinrich ist nicht viel besser dran; keiner weiß, ob er es schaffen wird. Der Bibelforscher ist tot. Auch Johann hat es erwischt. Und Ullmann ...
Werner wird die Kehle eng. Ullmann hatte die Briefe an seine Braut bei sich; er hat sie an sich genommen und wird sie Françoise bringen, sobald er kann. Hoffentlich ist die Resistance noch nicht auf sie aufmerksam geworden.
Den ein oder anderen Lichtblick gibt es auch. So hat der Alte, den er zunächst für tot hielt, einen Lungendurchschuss. Er ist in schlechtem Zustand, aber der I WO meint, dass er wohl durchkommen wird. Und viele der Männer sind nur leicht verletzt worden, manche sogar … nein, nicht unversehrt. Nur unverletzt.
Der I WO hat die Aufgabe übernommen, hier alles zu organisieren. Beim Luftangriff hat er keinen Kratzer abbekommen, und nun ist er ständig im Lazarett unterwegs, um sich nach dem Befinden der Verwundeten zu erkundigen, den Ärzten Dampf zu machen und den Rest der Mannschaft, der weitgehend unbeschadet geblieben ist, auf dem Laufenden zu halten. Viele der Männer haben sich dauerhaft hier eingenistet, um über ihre Kameraden zu wachen. Der Oberarzt hat versucht, sie hinauszujagen, aber der I WO ist ihm hart in die Parade gefahren. „Deutsche Helden des Seekriegs“, hat er gesagt. „Ob verwundet oder nicht, sie haben ein Recht auf bevorzugte Behandlung, und es ist Ihre heilige Pflicht, sie ihnen zukommen zu lassen.“ Er hat das so scharf geäußert, dass der Oberarzt es nicht gewagt hat, zu widersprechen.
Die Verwundeten von U 96 sind auf vier Zimmer verteilt. Hier im Raum liegen Zeidler, Schwalle, Bockstiegel, Hinrich, Kriechbaum und der II WO. Wie den Kaleun hat er ihn zuerst für tot gehalten, mit dem klaffenden Schnitt am Hals und der Pfütze von Blut, in der er lag. Es hat sich aber herausgestellt, dass der Schnitt schlimmer aussah, als er war, und das meiste Blut von einer großen Platzwunde am Hinterkopf stammte. Die Ärzte sind der Ansicht, dass der II WO außerdem eine Gehirnerschütterung hat. Bis jetzt ist er nicht wach geworden, aber er sieht friedlich aus, wie er in den weißen Kissen liegt und schläft, einen Verband um den Hals und eine Art Turban um den Kopf gewickelt. Wahrscheinlich wird er es lustig finden, wenn er sich selbst so im Spiegel sieht, und irgendeinen blöden Witz reißen.
Sacht streicht er über die schlaffe, beruhigend warme Hand. Er ist sehr erleichtert … Nein, das ist nicht das richtige Wort. Der II WO ist ihm sehr wert geworden in ihrer gemeinsamen Zeit an Bord, mit seinem unverschämten Humor und seiner ansteckenden Fröhlichkeit. Leichter hat er sich gefühlt, wenn er um ihn war. Die Sache mit Ullmann ist schlimm genug, er traut sich noch nicht, da nachzufühlen, und er weiß nicht, wie er es verkraftet hätte, wenn auch noch der II WO draufgegangen wäre.
Sicher und stolz? Nein, eher nicht.
Er denkt, dass die Liebe doch tiefer geht. Gerade jetzt, nach dem Unerbittlichen.
Schlacht – das Maß
Die Erde drängt sich zitternd an uns heran.
Das Feld steht auf wie ein Mensch vom Lager.
Saaten bewaffneter Männer sprießen
aus unsichtbarem Samen
in den Furchen zutag.
Schauerlich groß blühn grünschwarze Kelche
Erdstaub und giftige Gase
allenthalben empor.
Aufgeschreckt rasend
springen Fontänen aus trockenem Grund.
Auf Feuer gekreuzigt
fahren Menschenleiber zum Himmel,
zerstieben mit einer Grimasse,
schwarze verkohlte Sterne:
Erd und Gebein.
Rauchterrassen wälzen sich über uns hin.
In schweren Wettern rauscht Eisen nieder.
Blitze tasten heran.
Donner erwürgt uns.
Heulender Abgrund bäumt sich herauf
allüberall und die Sonne schleift
dunkel verpestete Mähnen in unsern Atem.
Unentrinnbar hält uns der Himmel
unter sich hingebannt:
unheimliches Basiliskenauge
über kleinem Getier.
Einsam lagen wir da in der Not der Schlacht;
wir wussten, dass jeder einsam war.
Aber wir wussten auch dies:
Einmal vor Unerbittlichem stehn,
wo Gebete entrechtet, Gewinsel zu Gott
lächerlich ist,
wo keines Mutter sich nach uns umsieht,
kein Weib unsern Weg kreuzt,
wo alles ohne Liebe ist,
wo nur die Wirklichkeit herrscht
grausig und groß,
solches macht sicher und stolz.
Unvergesslich und tiefer
rührt es ans Herz des Menschen
als alle Liebe der Welt.
Und wir fühlten: dies war das Maß.
Rudolf G. Binding
Notes:
Die Szene, in der Leutnant Werner Fähnrich Ullmann während eines Bombenangriffs festhält und ihm den Kopf streichelt, ist tatsächlich im Film zu sehen. Allerdings muss man genau hinschauen, weil es nur Sekunden sind, und in dem Moment noch so viel anderes passiert.
Chapter 2
Summary:
Der II WO wacht auf, und der I WO sieht nach dem Rechten.
Chapter Text
Leutnant Werner erwacht mit einem Schlag – wortwörtlich, denn der Schemel, auf dem er übermüdet eingenickt ist, ist umgekippt.
„Wusste gar nicht, dass ich so umwerfend bin …“
Schwach und rau ist die Stimme, kaum vertraut. Aber das war doch …!
Werner rappelt sich hastig hoch. Der II WO hat ihm das Gesicht zugekehrt, sieht ihn an. Tiefe Schatten liegen unter seinen Augen und er ist immer noch sehr blass. Sein Grinsen ist zittrig, aber vorhanden.
„Mensch“, stößt Werner hervor. Ihm ist ganz warm vor Glück. Doch er stockt, weiß plötzlich nicht, was er sagen, wie er den II WO ansprechen soll.
Schließlich entscheidet er sich für den Dienstgrad: „Herr Oberleutnant …“, und weiß dann wieder nicht weiter.
„Herr Leutnant …“, grüßt der II WO leicht spöttisch mit heiserer Stimme zurück. „Kann man in diesem Hotel ein Glas Wasser bekommen?“, fragt er dann.
Eilig greift Werner nach dem Glas, das die Schwester auf den Nachttisch gestellt hat, für den Fall, dass der II WO aufwacht. Er selbst hat auch schon daraus getrunken, aber das macht wohl nichts.
Der II WO will sich aufrichten, sinkt aber sogleich mit zusammengekniffenen Augen zurück. „Ah, scheiße ...“ Sein Gesicht sieht mit einem Mal grünlich aus.
„Sie haben eine Gehirnerschütterung“, sagt Werner und hält ihm das Glas vorsichtig an die Lippen, kippt es, so dass er im Liegen trinken kann, mit zur Seite gedrehtem Kopf.
Dankbar schluckt der II WO das abgestandene Wasser, signalisiert mit der Hand, als es ihm reicht.
„Mann“, sagt er leise und befühlt seinen Turban. „Gehirnerschütterung, und was noch?“
„Eine Platzwunde am Hinterkopf und ein Schnitt am Hals.“ Werner zieht unwillkürlich eine Grimasse. „Sie lagen in einer schönen Blutlache. Ich hab Sie zuerst für tot gehalten.“
„Hm. Bin ich nicht“, tadelt der II WO mit dem verschmitzten Lächeln, das Werner so an ihm mag. Es wirkt noch ein bisschen schief. „Auch wenn ich mich gerade nicht eben springlebendig fühle.“
Sein Gesicht wird sehr ernst. „Wie viele? Wer?“
Werner weiß sofort, was er meint. „Vierzehn Tote“, erwidert er leise. „Zwölf Schwerverwundete. Neun leichter Verwundete, die noch hier im Lazarett liegen. Der Rest nur mäßig blessiert, oder gar nicht.“
Er zögert, die Namen auszusprechen.
„Wer ist tot, Werner?“ Der II WO fragt es drängend.
„Lamprecht. Johann. Ullmann. Krause.“ Krause ist der Name des Bibelforschers. Jetzt endlich hat er ihn gelernt, zu spät, um den Mann damit anzusprechen.
Mit jedem Namen, den er nennt, wird das Gesicht des II WO grimmiger.
Als er mit den vierzehn Toten durch ist, fühlt Werner sich, als ob er selbst ein Krankenbett brauchen könnte.
Der II WO sieht in forschend an. „Der Kaleun? Der LI? Der I WO? Hinrich? Kriechbaum? ...“ Man merkt, dass ihm noch mehr Namen auf der Zunge brennen.
„Der Kaleun wird‘s wohl schaffen, aber gut geht‘s ihm nicht. Lungendurchschuss.“
Der II WO nickt.
„Der LI und der I WO haben Glück gehabt. Beim I WO ist nicht mal die Uniform beschädigt …“
„Das wird ihm sicher ein Trost sein.“ Der II WO grinst schräg und ohne Überzeugung.
„Hinrich … Da sieht‘s nicht gut aus. Die Ärzte haben ihm Splitter aus irgendwelchen wichtigen Organen und aus der Wirbelsäule geprokelt.“
Der II WO verzieht das Gesicht.
„Er liegt da drüben.“ Werner nickt zu dem entsprechenden Bett hinüber. „Kriechbaum direkt daneben. Ihm geht‘s besser. Heute Morgen hab ich sogar kurz mit ihm gesprochen. Der Sanka hat ihn gerade noch rechtzeitig rausgebracht, als die Flieger kamen.“
„Schwein gehabt.“ Das scheint den II WO auf einen Gedanken zu bringen. „Wie geht‘s denn Pilgrim und Frenssen, den beiden Pottsäuen?“
Nun ist es an Werner, zu grinsen. „Die haben auch Schwein gehabt.“
Seine Fröhlichkeit verlischt. „Die zwei haben geholfen, Lamprecht und Hinrich in Sicherheit zu bringen. Lamprecht hat das leider nicht gerettet, aber Hinrich vielleicht … Falls Pilgrim und Frenssen was abbekommen haben, dann nicht viel, denn ich hab sie vorhin zusammen hier rumlaufen sehen. Die meisten Männer sind hier – konnten und wollten sich nicht trennen. Nur eine Hand voll sind im Quartier, die waren einfach zu fertig. Aber wenn Sie Einzelheiten wissen wollen, dann fragen Sie am besten den I WO. Der hält hier das Steuer in der Hand.“
„Ach was.“ Der II WO klingt ein bisschen überrascht, aber es ist auch so etwas wie Anerkennung in seiner Stimme. „Der hat ja gut zugepackt, bei Kriechbaum. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.“
Werner nickt. „Bei Lamprecht auch, später, im Bunker. Ist bei ihm geblieben bis zuletzt.“
Der II WO presst die Lippen aufeinander. Bevor er noch etwas sagen kann, geht die Tür auf und der I WO betritt den Raum.
‚Wenn man vom Teufel spricht‘, denkt Werner, aber er meint es nicht so. Auch ihm hat das Verhalten des I WO in den letzten Tagen Respekt abgenötigt.
Der I WO lässt den Blick über die Betten schweifen und erfasst die veränderte Lage sofort. Mit wenigen Schritten ist er bei ihnen.
„Herr Oberleutnant“, grüßt auch er, und auf seinem Gesicht ist aufrichtige Freude zu erkennen. „Sie sind wach. – Leutnant …“
„Sieht so aus“, kommentiert der II WO, aber sein Spott hat keinen Biss. Auch er scheint sich zu freuen, den I WO zu sehen, unverletzt und …
„Sie sind unrasiert“, stellt der II WO überrascht fest.
Der I WO streicht sich übers Kinn und nickt knapp. „Ich hatte keine Zeit. Zu viel zu tun.“
Der II WO sieht ihn weiter prüfend an. „Werner sagte mir, Sie führen hier das Kommando?“
Der I WO hebt die Augenbrauen und sieht Werner tadelnd an. „Das ist nicht korrekt, Leutnant“, sagt er mit leichter Schärfe in der Stimme, aus der sein höherer Rang herausklingt – auch er ist Oberleutnant. „Ich …“
Sein schneidiger Ton verebbt. Plötzlich sieht er müde aus. „Ich habe nur ein Auge auf die Mannschaft. Und auch auf den Kaleun. Damit keiner übersehen wird und alle die Behandlung bekommen, die ihnen zusteht.“
Sein Blick ist ebenso prüfend wie der des II WO. „Brauchen Sie etwas? Haben Sie vielleicht Hunger?“
Der II WO verzieht das Gesicht. „Mir ist eher schlecht. Aber danke.“
„Kein Wunder, bei einer Gehirnerschütterung.“
„Sie sind gut informiert.“
„Es ist meine Aufgabe …“ Der I WO bricht erneut ab. Er sieht sich suchend um, entdeckt einen weiteren Schemel an Zeidlers Bett und holt ihn sich. Zeidler bekommt nichts davon mit, er schläft.
Schwer lässt der I WO sich auf den Schemel fallen. Er meidet ihren Blick, als er leise sagt: „Ich muss etwas tun, sonst dreh ich durch.“
„Schlimme Sache, das mit Lamprecht“, bemerkt der II WO voll Mitgefühl. „Und mit den anderen.“
Nun sieht der I WO auf und ihn an. „Ob Sie‘s glauben oder nicht, das war das erste Mal, dass ich einem Sterbenden beigestanden habe. Im Krieg, zumindest. Wobei ich schon bei Kriechbaum dachte, dass er‘s nicht schafft.“
„Ja, Kriechbaum ist ein kleines Wunder“, stimmt Werner zu, und dann müssen sie alle lächeln.
„So klein nun nicht“, sagt der I WO. „Selbst der Oberarzt ist überrascht, dass es ihm schon so viel besser geht.“
Der II WO lächelt immer noch. „Sie und Hinrich haben ihn gut versorgt, da unten in der Hölle vor Gibraltar.“
Der I WO erwidert das Lächeln. Man sieht, dass ihn das Lob ehrlich freut.
„Eigentlich hat Hinrich mir nur zugebrüllt, was ich machen soll.“
„Trotzdem. Ohne Sie hätte er es nicht geschafft.“
Der I WO sieht zu den Betten hinüber, in denen Hinrich und Kriechbaum liegen. „Hoffentlich schaffen sie es beide. Ist Kriechbaum wach?“
Der Obersteuermann hat sie offensichtlich gehört – das Zimmer ist nicht besonders groß – und hebt zum Zeichen die Hand.
Prompt steht der I WO auf. „Ich will mal nach ihm sehen“, sagt er und ist dabei schon halb zu Kriechbaum gewandt.
Werner und der II WO sehen ihm zu, wie er den Schemel ans Bett des Obersteuermanns trägt, ihn grüßt, sich zu ihm setzt und ihm nach kurzem Zögern ein wenig steif auf die Schulter klopft. Sie hören Kriechbaum sprechen, so leise, dass sie die Worte nicht verstehen, aber der Ton ist freundlich und respektvoll. Der I WO lächelt in Antwort.
Auch den I WO hat die Schlacht verändert.
Und auch bei ihm, denkt Werner, wird es nicht das Unerbittliche daran gewesen sein.
SwanFloatieKnight on Chapter 1 Thu 04 Jul 2024 10:23PM UTC
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Black_Zora on Chapter 1 Fri 05 Jul 2024 05:36AM UTC
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SwanFloatieKnight on Chapter 1 Fri 05 Jul 2024 09:40AM UTC
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Black_Zora on Chapter 1 Fri 05 Jul 2024 01:33PM UTC
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SwanFloatieKnight on Chapter 2 Sat 06 Jul 2024 11:45AM UTC
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Black_Zora on Chapter 2 Tue 09 Jul 2024 05:34AM UTC
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SwanFloatieKnight on Chapter 2 Tue 09 Jul 2024 10:51AM UTC
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Black_Zora on Chapter 2 Fri 06 Dec 2024 07:22PM UTC
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tojund_for_us on Chapter 2 Wed 10 Jul 2024 07:59AM UTC
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Black_Zora on Chapter 2 Wed 10 Jul 2024 08:44AM UTC
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tojund_for_us on Chapter 2 Wed 10 Jul 2024 11:55AM UTC
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Black_Zora on Chapter 2 Wed 10 Jul 2024 01:00PM UTC
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